Der bisherige Verlauf nocheinmal kurz wiederholt:
Sie werden mit dem Rettungswagen zu einem Anfang 60 jährigen Mann gerufen. Dieser beklagt seit ca. 2 Stunden Schmerzen im linken Arm und ein Druckgefühl auf der Brust. Er ist Blass und hat eine schwitzige Haut.
Der Patient wurde von ihnen heparinisiert und bekam ASS. Zur Analgesie hat er 8 mg MSI titrieret erhalten. Die Beschwerden sind nun deutlich zurückgegangen.
Sie schreiben erneut ein 12-Kanal-EKG:
Im Vergleich zum vorherigen EKG sind nun einige Dinge passiert. Um auch hier strukturiert heranzugehen, beginnen wir mit dem Algorithmus von vorne.
Es sind keine P-Wellen mehr zu sehen. Die QRS-Komplexe sind auf ca. 125 ms verbreitert und treten weiterhin rhythmisch mit einer Frequenz von ca. 92/min auf. Es kam also zum Rhythmuswechsel. Es handelt sich nun um einen normfrequenten regelmäßigen Breitkomplexrhythmus.
Zusätzlich kam es auch zur Lagetyp-Veränderung im EKG. Vorher hatte der Patient einen Linkstyp und nun sind in nahezu allen Ableitungen der Frontalebene negative QRS-Komplexe. Außer in aVR. Man spricht hierbei von einem Nord-West-Lagetyp oder auch No-Man's Land (Niemandsland). Die Kammern werden also aus einem ganz andern Ursprung erregt, als bei einem Sinusrhythmus.
Im Rahmen eines Myokardinfarktes sollte hierbei vor allem an einen accelerierten idioventrikulären Rhythmus. Dies ist ein Rhythmus aus der Herzkammer, welcher im Gegensatz zum Kammerersatzrhythmus schneller als 30-50/min ist (acceleriert=beschleunigt).
Es handelt sich hierbei um eine Arrythmie, welche im Rahmen einer Reperfusion entstehen kann. Vielleicht kam es in Teilen des Randgebietes des Infarktes zu einer Reperfusion. Diese Gebiete sind dann prädestiniert als eigenes Erregungsbildungszentrum zu agieren.
Die ST-Strecken Hebungen über der Vorderwand sind nun sehr deutlich ausgeprägt und zeigen das klassische Bild eines anterioren STEMI.
Abschlussdiagnose:
anteriorer STEMI, Accelerierter idioventrikulärer Rhythmus (AIVR)
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