Sie werden mit dem Rettungswagen zu einem Anfang 60 jährigen Mann gerufen. Dieser beklagt seit ca. 2 Stunden Schmerzen im linken Arm und ein Druckgefühl auf der Brust. Er ist Blass und hat eine schwitzige Haut.
Sie schreiben folgendes 12-Kanal-EKG:
Anamnestisch gibt es keine Vorerkrankungen beim Patienten am Herzen. Er nimmt keine Medikamente ein und hat keine bekannten Allergien.
Fangen wir mit der Rhythmusdiagnostik an. P-Wellen sind deutlich in den Ableitungen V1 und V2 zu erkennen. Die QRS-Komplexe sind schmal und treten regelmäßig auf. Die Frequenz beträgt 60/min und jede P-Welle wird von einem QRS-Komplex beantwortet.
Es handelt sich also um einen normofrequenten Sinusrhythmus mit einer HF: 60/min.
Das EKG zeigt einen Linkslagetyp. Zusätzlich zeigen sich ein S in Ableitung I und eine pathologische Q-Zacke in Ableitung III. Die Zeitintervalle liegen alle im Normbereich. Es gibt keine Anzeichen für eine atriale oder ventrikuläre Hypertrophie. Der R/S Umschlag findet regelrecht zwischen V3/4 statt. Viel wichtiger bei diesem EKG ist die Beurteilung der ST-Strecken. In den Ableitungen V2 und V3 sehen wir ST-Strecken-Hebungen. Diese erfüllen knapp die altersadaptierten STEMI-Kriterien für diese zwei Ableitungen (>2mm). In den inferioren Ableitungen II und aVF sind dezente Absackungen der ST-Segmente (möglicherweise ST-Strecken-Senkungen) zu sehen. Sehr prägnant sind jedoch vor allem die riesigen T-Wellen in den Brustwandableitungen von V1-4 . Diese sind stark verbreitert und nahezu so groß, dass der vorangegangene QRS-Komplex vollständig unter die T-Welle passen würde:
Bei diesen T-Wellen handelt es sich um Erstickung-T-Wellen als frühes Zeichen eines Myokardinfarkt/STEMI!
Zu den Ableitungen V1-4 passt das Bild der kontralateralen ST-Strecken-Veränderungen in den (Inferno-)lateralen Ableitungen.
Nächste Woche geht es mit diesem Patient weiter.
Abschlussdiagnose: anteriorer STEMI
@Niklas T. und @David Haas Vielen Dank für eure Kommentare!
Ich habe die ST-Strecken nochmal richtig ausgemessen und ihr habt absolut recht. Weder in I und aVL sind Senkungen zu sehen, dass korrigiere ich sofort!
In den inferioren Ableitungen sind die Senkungen sehr dezent zu sehen.
Ich habe sie oben mit aufgeführt, da sie im Rahmen des anterioren STEMI auftreten können.
Auch wenn sie nicht sehr tief sind, haben sie mich an die Morphologie dieses Falls erinnert:
Quelle: Dr Smith ECG Blog, http://hqmeded-ecg.blogspot.com/2015/10/anterorlateral-stemi-old-anterior-mi.html
Es sieht eher nach einer Absackung des ST-Segmentes aus, als nach einer deutlichen Senkung. Leider habe ich keine bessere Beschreibung für dieses Phänomen gefunden.
Viele Grüße Flo
Hallo Flo,
ich kann bei bestem Willen keine ST Senkungen in den inferioren Ableitungen und I und aVl erkennen 🤔
Alles andere ist für mich nachvollziehbar.