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Schwindel und Präsynkope, weiblich 83 Jahre

Sie werden mit dem Rettungswagen ins nahegelegene “Betreute-Wohnen“ gerufen. Dort sei soeben eine Patientin auf dem weg zum WC fast synkopiert.

Beim Eintreffen sitzt die Dame in einem großen Sessel und schaut sie an. Sie hat ein rosiges Hautkolorit und die recap-Zeit ist kleiner als 2 Sekunden. Sie tasten den peripheren Puls, dieser fühlt sich bradykard an.

Sie schreiben folgendes 12-Kanal-EKG:


Herzfrequenz: 50/min, QRS: 101 ms


Wie hoch ist die Frequenz der P-Wellen?

Welche Eigenfrequenz hat der AV-Knoten?

Würde Atropin wirken?



Auflösung:


Die P-Wellen Frequenz liegt bei ca. 200/min und sie treten in regelmäßigen Abständen auf, diese Frequenz ist deutlich zu hoch für einen Sinusrhythmus als zugrunde liegenden Rhythmus und zu langsam für ein Vorhofflattern.

Es handelt sich hierbei am ehesten um eine atriale Tachykardie. Die Frequenz der QRS-Komplexe liegt bei 50/min also genau ein viertel der Vorhoffrequenz. Es sieht so aus als würde jede vierte Erregung auf die Kammer übergeleitet werden, also eine 4:1 Überleitung. In einem längeren Rhythmusstreifen aus dem Krankenhaus wird aber deutlich, dass es sich um eine Dissoziation von Vorhof und Kammeraktionen handelt. Diese Entkopplung spricht für einen kompletten AV-Block. Da die QRS-Komplexe schmal sind und eine Frequenz von 50/min haben, handelt es sich am wahrscheinlichsten um einen junctionalen Ersatzrhythmus.


Die Kombination aus supraventrikulärer Tachykardie, hochgradigem AV-Block und junctionalem Ersatzrhythmus sind typische Anzeichen für eine Digitoxin Überdosierung. Letzte Woche haben wir noch die Anzeichen für die Einnahme dieses Medikaments besprochen und diese Woche handelt es sich um einen Fall von einer Digitoxin Überdosis.


Solche Rhythmusstörungen entstehen durch einen verstärkten Automatismus im Vorhof und daraus resultierenden neuen Erregungsbildungszentren und einer reduzierten AV-Knoten Überleitung. Mehr dazu findet ihr hier: https://litfl.com/digoxin-toxicity-ecg-library/


Da die Patientin kardiopulmonal stabil blieb und dabei wach und orientiert musste keine medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Da Atropin als Parasympatholytikum auf alle Strukturen des Erregungsleitungssystem oberhalb des AV-Knoten und in diesem selbst wirken kann, würde theoretisch durch die Gabe die Frequenz erhöht werden, im Gegensatz zum AV-Block III mit breiten Komplexen (also ventrikulärem Ersatzrhythmus).


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