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  • fsteini

Schwere Luftnot, weiblich 96 Jahre

Beim heutigen Fall handelt es sich um eine Zuschauereinsendung.

Du wirst mit deiner Kollegin ins nahegelegene Altenheim zur Synkope alarmiert. Bei der Patientin handelt es sich um eine 96 jährige Dame. Diese sei mit Hilfe mobil und hat eine Demenz als Vorerkrankung. Sie sei laut Pflege im Bett liegend synkopiert, kurzzeitig zyanotisch und im Anschluss wieder ansprechbar gewesen.

Bei eurem Eintreffen liegt die Frau im Pflegebett und äußert auf Nachfrage keine Beschwerden. Im ersten Eindruck präsentiert sich euch eine potentiell kritisch kranke Patientin, mit extrem blassen Hautkolorit. Ihr beginnt eure Untersuchung anhand des ABCDE-Schemas:


A: frei, blass Schleimhäute, kein Zungenbiss


B: Tachypnoe, VAG bds, keine sichtbare Zyanose


C: Syst. 90 mmHg, Puls tachykard u. rhythmisch, Rekap 3 s, HF: 120/min


D: dement, bewegt alle Extremitäten frei, kein Anhalt auf frisches fokal

neurologisches Defizit


E: kein Fieber


Ihr schreibt folgendes 12-Kanal-EKG:

HF: 120/min, QRS > 120ms


Welche Besonderheit beim Lagetyp fällt dir auf?

Liegt ein Schenkelblock vor?

Was ist deine Verdachtsdiagnose?



Herzrhythmus:

Wir beginnen wie immer zuerst mit der Rhythmusanalyse. Nach schönen P-Wellen muss man ein bisschen suchen, findet aber zum Schluss in den Ableitungen I und aVL wonach wir suchen. Jede P-Welle wird von einem verbreiterten QRS-Komplex beantwortet. Die Herzfrequenz liegt bei ca. 120/min. Im Rhythmusstreifen in Abbildung 3 (Vorsicht 25mm/s) können wir erkennen, dass das EKG nicht vollkommen rhythmisch ist. Es ist jedoch schwierig zu sehen, ob es sich um eine Sinusarrhythmie, Supraventrikuläre Extrasystolen oder eine andere Ursache handelt.


Rhythmusdiagnose: Tachykarder Sinusrhythmus, HF: 120/min


Lagetyp und Zeiten:

Beim Lagetyp handelt es sich um einen überdrehten Linkstyp (üLT). Die PQ- und QTc-Zeiten sind normwertig. Die QRS-Zeit ist auf über 120 ms verlängert.


Endstreckenveränderungen:

In Ableitung V1 ist eine kleine r-Zacke, gefolgt von einer S-Zacke und einer zweiten größeren R-Zacke, zu sehen. Man kann auch von einem rSR'-Komplex sprechen. Zusätzlich sind in den Ableitungen V1-V3(V4) große R-Zacken zu erkennen. Der RS-Umschlag ist also nach rechts verschoben. Die T-Wellen in diesen Ableitungen sind invertiert, genau wie in Ableitung III. In Ableitung III ist eine kleine ST-Hebung zu sehen.


Zusammenfassung:

Die Ursache für die verbreiterten QRS-Komplexe ist ein kompletter Rechtsschenkelblock. In der Kombination mit dem üLT spricht man hierbei auch von einem bifaszikulären Block (zwei Schenkel (Faszikel) sind blockiert). Hierzu passen die Repolarisationsstörungen in der Form von T-Negativierungen in den rechtspräkordialen Ableitungen V1-V3 + III. Diese Form der Rückbildungsstörung nennt man "right ventricular Strain Pattern". Sinustachykardie, Rechtsschenkelblock und die Repolarisationsstörungen lassen in Kombination mit der durchgeführten Anamnese eine Lungenarterienembolie vermuten!


Das EKG bei der Lungenembolie:

Schauen wir uns an, was eine fulminante Lungenarterienembolie (LAE) für EKG-Veränderungen hervorrufen kann.

  1. Sinustachykardie (in 40% der Fälle)

  2. Kompletter RSB (in 18% der Fälle)

  3. "Right Ventricular Strain Pattern" (in 34% der Fälle)

  4. Rechtslagetyp

  5. Dominante R-Zacke V1

  6. SIQIIITIII-Lagetyp (in nur 20% der Fälle)

  7. RS-Umschlag Verschiebung nach rechts

  8. Verschiedene Formen der Adrianen Tachykardie


Hiervon sind 6/8 in unserem Fall erfüllt. Und genau dies ist auch unsere Abschlussdiagnose:


Outcome: sonographisch Lungenarterienembolie (D-Sign) und eine Venenthrombose in der rechten V. Femoralis-Poplitea,

D-Dimere 26900, Trop 120









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